Freitag, 31. Oktober 2008

Von Oberfläche und Tiefe


An der Oberfläche gleiten ist angenehm. Ohne Konsequenzen. Ein Lachen macht Fehler gut. Den Rücken kehren löst Probleme. Dahingleiten. Ohne Gefühle. Ohne Schmerzen oder Kummer. Ohne Ängste oder schlaflose Nächte. Nur sich selbst fokussierend. Nur sich selbst liebend. Locker, fröhlich, inhaltslos.

Manchmal beneide ich diese Menschen, die an der Oberfläche leben und scheinbar mühelos durchs Leben gleiten. Ich denke, es bleibt ihnen so vieles erspart. All das Leid und die Abgründe. Aber dann denke ich, sie erleben auch so vieles nicht. Zum Beispiel die tiefe Liebe für einen anderen Menschen. Das tiefe Gefühl der Freundschaft. Die wahre Lebensfreude, schöne Stunden mit anderen zu teilen. All das möchte ich nicht missen. Niemals.

Abtauchen.

In die Tiefe. Die Oberfläche ist als schimmerndes Etwas erkennbar. Die Dunkelheit lauert in der Tiefe. Stille. In den Ohren rauscht es. Ich sinke tiefer und tiefer. Dem Grund entgegen. Aber ich habe keine Angst. Denn ich weiß, ich bin nicht allein. Die Dunkelheit erhellt sich und ich fühle eine Hand. Sie leitet mich, zeigt mir den Weg. Die Tiefe verliert nun ihre Schrecken. Zeigt neue Bilder und neue Erkenntnisse. Ich schaue in Spiegel und sehe mich selbst.

Tauchend. In der Tiefe des Wassers, der Gefühle, der Erkenntnisse. Ein unbeschreibliches Erlebnis. Ich möchte für immer hier bleiben. In der Dunkelheit und der Reinheit des Meeres. Mit den Fischen schwimmen. Zu ihnen gehören und bleiben. Immer. Aber deine unerbittliche Hand zieht mich schon wieder nach oben. Zum Licht. Zur Oberfläche. Langsam, ganz langsam tauchen wir auf. Unter uns die kristallene, geheimnisvolle Tiefe, die uns nur kurz geduldet hat. Und doch haben wir, habe ich einen Teil davon mitgenommen. Diesen Teil, der mich nicht mehr ganz so unbeschwert lachen lässt, aber auch diesen Teil, der die menschliche Wärme in mir hat wachsen lassen.

Das Boot nimmt uns auf. Die Sonne scheint. Aber ein kleines Stück von uns ist dort unten geblieben. In der Tiefe. Du nimmst nochmals meine Hand. Streichst sanft über mein nasses Haar. Ich lächle dir zu. Es ist gut, dich an meiner Seite zu spüren. An der Oberfläche und in der Tiefe.

Donnerstag, 30. Oktober 2008

Die dunkle Jahreszeit


Da ist sie nun wieder, die dunkle Jahreszeit. Ich komme abends nach Hause und verliere das Zeitgefühl. Es ist kalt und ungemütlich und selbst, wenn die Sonne scheint, hat sie ein kaltes, gnadenloses Licht.


Schon wieder neigt sich ein Jahr dem Ende zu. Wo ist es geblieben, dieses Jahr? Manchmal macht mich die Schnelle, in der die Zeit verrinnt atemlos. Wir (nicht alle natürlich) werden besinnlich. Man denkt an die Lieben, die uns verlassen haben oder bald verlassen werden und wird offener für das Leid oder Schicksal anderer Menschen.


Ich frage mich, woran das liegt. Ist es in dieser Zeit so, dass die frühe Dunkelheit uns mehr Zeit zum Nachdenken gibt? Wird uns unsere eigene Endlichkeit bewusster, weil wieder etwas endet?


Warum zieht man am Jahresende Bilanz? Man könnte es zu jeder Zeit tun, manche werden einwenden, dass es bei ihnen auch so ist, aber vorrangig hat man gegen Ende des Jahres das Bedürfnis. Weil sich ein Zyklus dem Ende nähert?


Entgegen vieler anderer, empfinde ich den Herbst nicht als schön. Die Bäume rings um sterben und der erste Schnee (so er denn fällt) wirkt auf mich wie ein Leichentuch, das sich weiß und kalt über die Natur legt. Ich wünschte, ich könnte in den Winterschlaf gehen. Mich wie ein Bär in einer Höhle verkriechen und erst wieder die Nase in den Wind halten, wenn dieser nach Frühling riecht. Kann ich aber nicht. Ich bin kein Bär. Wäre auch gefährlich dieser Lande.


Folglich muss ich mich mit der dunklen Jahreszeit arrangieren. Wasabi-Nüsschen sind da schon mal sehr hilfreich. Ein guter Roter, ein feines Gespräch mit einem guten Freund oder einer Freundin heben die Stimmung. Ach ja, auch die dunkle Jahreszeit lässt sich ertragen, wie sich eben immer alles ertragen lässt, wenn man nur will und nach vorne schaut.


Ich könnte natürlich auch in den Süden auswandern. Ich denke mal drüber nach.



Gedanken


...

Weisheit und Verliebtsein schließen einander aus.
Und in der Not und in tiefster Nacht erkennt
man die wahren Freunde...

...

Das Leben ist bunt und vielfältig. Wunderbar und
manchmal grausam und zynisch. Wir erleben herbe
Verluste, schlimme Enttäuschungen, Freude, Liebe.
Und tiefe Trauer.

Und wir ertragen es. Verarbeiten es und schauen
nach vorn. Weil es immer weiter geht.
Ein Verlust macht Platz für Neues auch wenn
wir das heute noch nicht erkennen wollen und
können.

Es gibt Menschen, die werden immer einen
Platz in unseren Herzen haben und Menschen, die
wir einfach vergessen wollen und können.

Die Erde dreht sich weiter. Tag für Tag. Was auch
immer geschieht, wir drehen uns mit. So lange wir
Hoffnung haben und Halt finden. So lange können
wir alles ertragen und werden nie unseren Mut
verlieren.

@ E.: "Time to say good bye" bedeutet
nicht vergessen, nur gehen lassen. Immer, wenn
du an den Freund denkst, ist er dir nah. Das
wird immer so bleiben. Das kann dir niemand
nehmen. Und das wird dich schließlich trösten.
Irgendwann...