Freitag, 28. August 2009

Coogan, Frederik und der fremde Kater

(Episode 3 aus dem Tagebuch eines kleinen Tigerkaters.)

Der Mond scheint hell ins Zimmer. Ich liege auf dem Kopfkissen neben meiner Menschin und spiele mit einer ihrer Haarsträhnen. Ich habe ihr verziehen. Ihr erinnert euch? Sie hat mich meiner Männlichkeit beraubt. Vier Wochen habe ich danach nicht mit ihr gesprochen und auch nur wenig gefressen. Aber jetzt habe ich mich mit meinem Schicksal abgefunden und es angenommen. Ein Vorbild hierfür ist natürlich mein großer Kumpel Frederik. Er ist ja auch kastriert und trotzdem ein prächtiger Kerl und ernstzunehmender Gegner von so manchem Kater aus der Nachbarschaft, der seine „cojones“ noch besitzt.

Ich liege also im Mondlicht und philosophiere über mich und meine Menschin. Ich weiß es noch wie heute, als sie mich aus dem Tierheim abgeholt hat. Ganz klein war ich da noch. Und froh, eine warme Hand zu haben, die mich streichelt. Ich durfte jede Nacht unter der Bettdecke der Menschin schlafen, fest an ihren Bauch gekuschelt. Ja ich bin ihr dankbar für das Zuhause, das sie mir bietet. Und ich gestehe, ich liebe diese Menschenfrau. Auch wenn sie manchmal etwas skurril zu sein scheint. Hegt sie doch eine seltsame Vorliebe für einen (mittlerweile uralten) Schauspieler namens Clint Eastwood. Dieser Kerl könnte ihr Opa sein! Aber sie findet ihn gut und immer, wenn einer seiner Filme läuft, hängt sie – und damit auch ich – vor der Glotze. So bin ich auch an meinen Namen gekommen. Frei nach „Coogans großer Bluff“. Skurril eben. Aber, was soll’s? Ein Name ist so gut wie jeder andere.

Langsam wird es hell draußen. Zeit, meine herzensgute Menschin zu wecken, damit sie nicht etwa das Futter vergisst. Mein Napf ist zwar noch halbvoll, aber man kann ja nie wissen. Ganz voll ist immer noch besser als halbvoll. Ich beschließe also gerade, ihr mit Wucht auf den Bauch zu springen und ihr anschließend meinen Schädel küssenderweise ins Gesicht zu rammen, Babymaunzer inbegriffen, als ich von draußen einen Ruf vernehme. Es ist Frederik. Er könnte durch die Katzenklappe auch zu uns herein kommen, aber er ist immer vorsichtig, höflich und zurückhaltend. Ich stürme also vom Schlafzimmer aus direkt nach draußen in den Garten. Frederik sitzt in der gerade aufgegangenen Frühsonne und ich bewundere, wieder einmal, seine Anmut. Ein so prächtiger Kater wäre ich auch gerne. Leider werde ich als Europäisch-Kurzhaar nicht unbedingt an seine Maine-Coon-Körpergröße herankommen.

Frederik ist gekommen, um mich zu warnen. Er hatte gestern Abend auf dem Heimweg eine wenig erheiternde Begegnung mit einem fremden Kater, der wohl unbedingt ein neues Revier klarmachen möchte. Die schöne Russisch-Blau-Kätzin aus der Nachbarschaft wird hieran wohl nicht so ganz unschuldig sein. Frederik, mit leicht lädierten Ohren, berichtet von einem kurzen aber heftigen Kampf, nach dem sich der Artgenosse zunächst zurückgezogen hat. Aber es ist zu vermuten, dass er nun sein Glück bei mir versuchen wird. Ich gebe zu, ich muss schlucken. Einen Revierkampf, also einen echten Revierkampf, habe ich noch nicht bestritten. Ich gestehe ich habe Angst. Aber Frederik beruhigt mich. Er hält mich für tapfer und beherzt und ist sicher, dass ich diesen Kampf bestehen werde. Außerdem verspricht er mir, in der Nähe zu sein und notfalls einzugreifen. Aber, er macht mir auch klar: Diesen Kampf muss ich alleine ausfechten, wenn ich ein echter Kater sein will und nicht etwa ein Schosshündchen. Recht hat er.

Ich lade Frederik zum Essen ein. Es ist Sonntag und die Menschin, die mittlerweile von ganz allein wach geworden ist, stellt sofort und bereitwillig eine zweite Schüssel mit herrlichem Nassfutter „Huhn in Soße“ bereit. Sie mag Frederik sehr gerne. So gerne, dass ich manchmal etwas eifersüchtig bin. Aber nur manchmal. Eigentlich genieße ich unsere „Familie“ auch wenn Frederik nur sporadisch dazugehört. Er hat ja schließlich seine eigene Familie. Und was für eine! Drei Kids im Alter von fünf bis zehn! Er hat es nicht leicht. Frederik und ich genießen den Sonntag. Putzen uns und ruhen gemeinsam nach dem guten Essen. Zum Mittagessen wird die Menschin von irgendeinem ihrer Liebhaber abgeholt. Ja, sie hat von Zeit zu Zeit einen Freund, aber bisher nie etwas Ernstes. In der Zeit, bevor sie mich aus dem Tierheim holte, hatte sie wohl mal einen Ehemann. Aber das ging auseinander und ich habe ihn nie kennengelernt. Ganz selten übernachtet mal einer ihrer Verehrer bei uns. Ich bin dann regelmäßig so was von sauer, weil sie mich nicht in das Schlafzimmer lässt. So manch gutes Möbelstück zeigt noch heute Spuren meines Protestes und meiner Missachtung.

Die Menschin ist also fort. Frederik und ich verbusseln den Tag. Streifen ein wenig in der Nachbarschaft umher. Bewundern die Russin aus der Ferne. Sich ihr zu nähern, wenn sie nicht rollig ist, ist eine brandgefährliche Angelegenheit und nichts für gemütliche, sonnige Sonntage. Schließlich trollen wir uns zurück zu meinem Haus. Beim Annähern sträubt sich unser Fell. Mein Kumpel und ich wittern es fast gleichzeitig. Der Fremde ist oder war hier. Er hat die Frechheit besessen, in meinem Garten zu markieren. Schnell überdecke ich seinen Geruch mit dem meinen und Frederik setzt seine Marke direkt daneben. Vorsichtig, nach allen Seiten sichernd, nähern wir uns dem Haus. Ich glaube es nicht, der Gipfel der Unverschämtheit! Der Fremde war doch tatsächlich im Haus! Alle Sinne aktiviert und mit gesträubtem Fell untersuchen wir Raum für Raum. Er hat zum Glück nichts angestellt. Nur in der Küche hat er unsere Näpfe restlos leer gefressen.

Im Haus ist der Fremde nicht mehr. Da klappert die Haustür und meine Menschin betritt die Szene. Sie hat manchmal so etwas Dominantes an sich. Sie ist allein. Und heult. Oh weh, der neue Lover! Frederik macht sich schleunigst aus dem Staub. Und ich stehe ihr pflichtschuldigst als Trost zur Verfügung. Tja, Menschin, wann wirst du erkennen, dass Kater, insbesondere solche die Coogan heißen, die besseren Gefährten für euch Menschenfrauen sind? Wir sind immer für euch da. Und je dicker ihr werdet, umso lieber ist es uns. WIR lieben kuschelige Bäuche, jawoll! Die Menschin und ich gehen schlafen. Ich, seit langem mal wieder, an ihren (übrigens keinesfalls dicken) Bauch gekuschelt. Schnurrend, während sich die Menschin in den Schlaf heult. Den fremden Kater habe ich nicht vergessen. Ich werde wachsam sein. Und ich werde die Menschin veranlassen, meine Katzenklappe des Nachts zu verschließen. Ich weiß nur noch nicht wie. Aber es wird mir etwas einfallen, da bin ich sicher.

Donnerstag, 27. August 2009

Coogan und der verhängnisvolle Besuch beim Tierarzt

(Episode 2 aus dem Tagebuch eines kleinen Tigerkaters.)

Der Tag fängt so gut an. Meine Menschin hat gute Laune, trällert unter der Dusche und gibt mir einen Kuss nach dem anderen. Na ja, auf die Küsse kann ich eigentlich verzichten. Sie geht, wie jeden Morgen, zur Arbeit und ich treffe mich bald darauf mit meinem Kumpel Frederik.

Gemeinsam schauen wir nach der wunderschönen Russisch-Blau-Katze, die in der Nachbarschaft eingezogen ist. Aber wir werden enttäuscht. Die Dame ist auf der Terrasse, auf der sie sich sonst aufzuhalten pflegt, nicht anzutreffen. Frederik und ich wagen uns näher an das Haus, immer gewahr auf einen raufwütigen Artgenossen oder einen wildgewordenen Menschen zu treffen, aber von der Dame ist nichts zu sehen und auch nichts Neues zu erschnüffeln. Doch da, bei genauem Hinhören, kann man aus den Tiefen des Hauses den Gesang der schönen Russin wahrnehmen. Sie ist rollig. Jetzt spielen meine Hormone verrückt. Wie von Sinnen antwortete ich der Schönen und beginne ausgiebig das Revier zu markieren. Wäre Frederik nicht da, ich wäre wohl gänzlich ausgeflippt.

Frederik ist – im Gegensatz zu mir – kastriert. Ihn ficht der Gesang einer Rolligen daher nur bedingt an. Zumindest gelingt es ihm, einen klaren Kopf zu behalten. Frederik bringt mich also mit einem satten Schulterwurf zur Räson und danach mit heftigsten Pfotenschlägen aus der Reichweite der entzückenden Dame. Ich muss immer wieder feststellen, dass Fredrik ein wirklicher Freund ist. Tja und auch körperlich größer und kräftiger. Aber als wirklicher Freund nutzt er das nie aus. Auch hier handelt er zu meinem Besten, wenn auch zu spät, denn aufgrund meiner Reviermarkierungen weiß ich, dass meine Menschin mir Hausarrest aufbrummen wird. Denn sobald ich den Geruch der Reviermarkierung an mir haften habe, und der haftet gut, wird sie sehr streng sein und ich darf für ein paar Tage nicht aus dem Haus. Denke ich mir so. Ich Tor! Frederik denkt das auch und ärgert sich. Wenn wir uns die nächsten Tage sehen wollen, wird das nur durchs Fenster möglich sein.

Zuhause angekommen muss ich feststellen, dass meine Menschin vor der Zeit zurück ist. Ich ahne nichts Gutes und versuche, mich fern von ihr zu halten. Doch zu spät. Sie greift mich, schnuppert an mir, murmelt etwas, telefoniert und ehe ich mich versehe, bin ich im Reisekennel verstaut und wir im Auto unterwegs. Sie murmelt etwas von Tierarzt. Jetzt weiß ich noch vom letzten Mal: Tierarzt ist nicht schlimm. Man bekommt einen Pieks, der ist auszuhalten, und danach unglaublich viel Liebe und Leckereien von der Menschin. Ich habe also keine Angst. Ich Vollidiot! Vertrauensvoll grinsend sitze ich auf dem Tisch der netten Tierärztin, bekomme auch meinen Pieks und...

...das Nächste, was ich fühle ist, dass mir jemand Vertrautes intensiv meine Katerohren wäscht. Ich registriere Frederik und außerdem ein unangenehm schmerzliches Gefühl zwischen meinen Hinterbeinen. Zwischen meinen Hinterbeinen??? Fragend schaue ich Frederik an, der etwas verlegen zur Seite blickt. Was ist mit mir passiert? Und wieso kann ich meine Beine nicht richtig fühlen? Panische Angst steigt in mir auf. Doch Frederik, mein guter alter erfahrener Kumpel Frederik, beruhigt mich – unter fortwährendem Ohrenabschlabbern – dass das taube Gefühl von der Narkose kommt und bald fort sein wird. Na ja und der Schmerz zwischen den Beinen... Frederik schluckt... „Nein“, schreie ich. „SIE hat doch nicht etwa?“ Doch sie hat!

Alarmiert durch mein Gebrüll erscheint nun auch meine Menschin. SIE, die ich nun ewig hassen werde, hat mich doch tatsächlich k-a-s-t-r-i-e-r-e-n lassen. Niemals werde ich ihr das verzeihen! Und um ihr das klar zu machen, hacke ich mit meinen Krallen nach ihr und knurre, was das Zeug hält. Immerhin hat sie Tränen in den Augen. Pah, soll sie heulen, diese zweibeinige Intrigantin. ICH habe ihr bedingungslos vertraut und was macht sie? Ausgleichend schaltet sich nun Frederik ein. Laut schnurrend sowohl in meine als auch in ihre Richtung. Mich beruhigt sein Schnurren und ich werde schläfrig. Im Halbschlaf bekomme ich noch mit, dass Frederik sich von meiner Menschin den Bauch kraulen lässt. Ich denke noch, dass es gut ist, einen Freund wie Frederik zu haben, dann bin ich fest eingeschlafen und träume von rolligen Russisch-Blau-Katzen.

Mittwoch, 26. August 2009

Coogan und Frederik

(Episode 1 aus dem Tagebuch eines kleinen Tigerkaters.)

Uhh, dieser Tag beginnt äußerst brenzlig, denn meine Menschin hat schlechte Laune! Nun gut, vielleicht bin ja ein ganz kleines bisschen Schuld daran. Vielleicht hätte ich ihr doch nicht mit allen vier krallenbewehrten Pfoten und vollem Gewicht auf den Bauch springen sollen. Unsanft wecken nennt man das wohl.

Da hilft heute auch kein noch so lautes Schnurren und um die Beine streichen. Selbst mein (lange und intensiv geübter) „Lady-Di-Unschulds-Blick“ bleibt ohne Wirkung. Na ja, wenigstens hat sie Futter und Wasser hingestellt. Aber ich bleibe trotzdem besser auf Tauchstation, bis sie fort ist.

Endlich fällt die Haustür ins Schloss. Ich überlege mir gerade, ob ich ihr in die Schuhe kotzen soll, da kratzt es am Fenster. Meine Menschin und ich leben in einer Erdgeschosswohnung. Sie hat eine Katzenklappe an der Hintertür einbauen lassen, sodass ich den ganzen Tag und auch nachts ein und aus gehen kann. Vor dem Fenster sitzt Frederik, der Kater einer Menschenfamilie mit Kindern. Frederik ist ein wirklich intelligenter Katerfreund. Seine Intelligenz braucht er allerdings auch, wenn er die Attacken der Menschenkinder überleben will, die immer mal wieder stattfinden. (Ich liebe meine Menschin u. a. dafür, dass sie mir so etwas erspart.)

Ich verlasse das Haus durch die Katzenklappe und begrüße Frederik mit einem „Katerkuss“, was bedeutet, dass wir unsere Köpfe zusammenknallen und uns gegenseitig anpurren. Frederik ist aufgeregt. Fast atemlos berichtet er von einer neuen wunderschönen Kätzin, die in der Nachbarschaft eingezogen ist. Frederik meint, dass, seinem Geruchssinn nach, die Neue bald rollig werden dürfte. Das klingt natürlich äußerst interessant. Frederik seufzt auf. Er ist kastriert. Wir haben nie offen über dieses Thema gesprochen. Ich hatte immer den Eindruck, es ist ihm peinlich. Aber eines muss man ihm lassen, eine Rollige erkennt er, wenn er sie riecht. Ich selber befinde mich –noch- im Vollbesitz meiner Katerkraft, was ich aber lediglich der Nachlässigkeit meiner Menschin zu verdanken habe, die einen Tierarzttermin nach dem anderen verpennt.

Nun gut, darüber bin ICH nicht böse. Solange sie mein Futter nicht vergisst! Aber, wir waren bei der neuen Katze. Frederik meint, sie hätte Freigang und wäre fast täglich auf der Terrasse des schmucken Einfamilienhäuschens zwei Straßen weiter zu finden. Nun gut. Schauen wir uns die Dame einmal an. Frederik und ich laufen Seite an Seite die Straße hinab. Durch die Büsche und stopp! Jetzt aber keine weitere Bewegung mehr! Denn da sitzt sie. Und sie ist schön. Sieht aus, als wäre die Katzengöttin Bastet selbst auf die Erde zurück gekehrt. Sie ist eine Russisch-Blau-Katze mit einem herrlich silbern schimmernden Flauschepelz und riesigen grünen Augen. So zart von Statue. Aber, diese Rasse ist mit Vorsicht zu genießen. Reaktionsschnell und äußerst aggressiv im Umgang mit uns Artgenossen. Aber eben auch wunderschön. Frederik neben mir zieht die Luft ein. Ja, noch ein, zwei Tage und die Lady wird rollig sein. Wir sehen uns an. Sind uns einig. Das werden wir weiter im Auge behalten! Für heute aber treten wir nicht weiter in Erscheinung. Gemeinsam trotten wir die Straße hinunter, zurück in mein Revier, das ich großzügig mit Frederik teile. Weil er kastriert ist und eben ein Katerfreund.

Ich schlüpfe durch meine Katzenklappe, nachdem Frederik sich vor dem Haus verabschiedet hat, und verschlafe den Rest des Tages. Es schon dunkel, als meine Menschin heimkehrt. Vorsichtig begrüße ich sie an der Tür. Nein, sie ist nicht mehr sauer auf mich. Im Gegenteil. Sie hat mir feinstes Futter und frisches Katzengras gekauft. Dafür darf sie meinen Bauch kraulen. Später werden wir wohl vor dem Fernseher einschlafen, denn es ist Wochenende und da passiert das fast immer. Ich kuschele mich also an meine Menschin, lasse den Tag Revue passieren, denke an die schöne Russisch-Blau, denke noch: „Das Leben ist schön“ und schlafe ein.