Donnerstag, 25. Oktober 2012

Die Hure

Es war wieder eine von diesen Nächten, in denen Schlaf unmöglich erschien. Sommer in der Stadt. Drückende Schwüle zwischen den Häuserwänden. Ein leichter Schweißfilm hatte sich über ihrer Haut gebildet und ein unvermittelt auftretender Windhauch ließ die kleinen hellen Härchen an ihren nackten Armen zu Berge stehen. Sie stand am offenen Fenster, von dem sie Aussicht auf die nächste Häuserwand hatte, und rauchte eine Zigarette. Eigentlich war es eine gute Nacht für sie. Gleich würde schon der nächste Freier an die Tür ihres Stundenhotelzimmers klopfen und zwei weitere hatten sich noch angesagt. Die Nacht war noch lang und die Schwüle war immer gut fürs Geschäft. Rasch ging sie unter die Dusche, um den Duft des Rasierwassers des letzten Kunden abzuwaschen. Ein noch junger Mann, der sicher noch nicht oft bei einer Hure gewesen war. Er hatte keine besonderen Wünsche, war zufrieden mit dem, was sie ihm gab und hatte auch kein Problem damit, ein Kondom zu benutzen. Der einzige Luxus, den er sich leistete, waren ein paar obszöne Worte, während des Aktes ins Ohr geraunt. Er würde wiederkommen, hatte er gesagt.

Der nächste Freier war ein Stammkunde. Er bevorzugte feste Rituale. Deshalb schlüpfte sie nun in ihr Lederoutfit, eine Tortur bei dieser Hitze, aber Geschäft ist Geschäft. Da klopfte es schon an der Tür. Sie ließ ihn eintreten und niederknien. Direkt an der Tür. Das Geld hatte er wie immer neben sich auf den Boden gelegt. Sie ließ es ihn mit den Zähnen aufnehmen und auf allen vieren zu sich bringen. Sie nannte ihn „versautes Hündchen“ und spielte eine ganze Stunde mit ihm. Schließlich durfte das Hündchen sich selbst befriedigen und wieder gehen. Relativ leicht verdientes Geld.

Der nächste Freier stand auf Zimmermädchen-Uniform, also hieß es duschen und umziehen. Da sie noch etwas Zeit hatte, trocknete sie sich nicht ab und genoss den kühlenden Windhauch am offenen Fenster. Eine plötzlich aufflackernde innere Unruhe ließ sie ins Grübeln kommen. Manchmal fragte sie sich, wie es wohl wäre, einem „normalen“ Beruf nachzugehen. Jeden Morgen um 7 Uhr aufzustehen, 8 Stunden Arbeitsalltag, fernsehen, schlafen und von vorn. Ob das wohl besser für sie wäre? Ihr war klar, ihre Uhr tickte bereits. Denn als Prostituierte wird man selten in Rente geschickt. Sie gab sich noch maximal 5 Jahre im Geschäft, bis dahin musste ein Polster erarbeitet sein. Stammkunden waren da sehr hilfreich und davon hatte sie zum Glück einige. Leider war sie gezwungen, auch Neu-Kunden, wie den jungen Mann von vorhin, zu bedienen. Immer ein Risiko. Zu viele ihrer Kolleginnen hatten schon mehr als schlechte Erfahrungen gemacht, eine war sogar getötet worden. Sie seufzte, drückte die Zigarette aus, schlüpfte in die Zimmermädchen-Uniform und schnappte sich einen Staubwedel. Der Kunde klopfte bereits. Sie ließ ihn eintreten.

Aber es war nicht der Mann, den sie erwartet hatte. Der junge Mann vom früheren Abend stürmte auf sie zu. Ehe sie noch etwas sagen konnte, drang ein Messer zwischen ihre Rippen. Sie sackte zu Boden und verlor das Bewusstsein. Der junge Mann hielt sie für tot, spuckte auf sie, trat noch einmal zu und durchsuchte dann das Zimmer, fand das Geld und verschwand. Die Hure blieb reglos zurück und drohte zu verbluten. Ihr Leben verdankte sie dem schnellen Handeln ihres eigentlichen Stammkunden, der sich nur um ein paar Minuten verspätet hatte. Er rief Polizei und Rettungsdienst und besuchte sie auch oft während der Genesungsphase. Ein halbes Jahr später konnte sie wieder arbeiten. Jetzt beschränkte sie sich tatsächlich nur noch auf ihre Stammkunden. Der junge Mann wurde kurz nach der Tat gefasst und später verurteilt. Nach dem Grund gefragt, warum er so brutal gegen sie vorgegangen sei, antwortete er: „Sie war so vulgär.“

(M)ein Beitrag zur Themenwoche "vulgär" auf zeitverdichtet.

Dienstag, 23. Oktober 2012

ein hauch vulgär

ach ja vulgär
das fällt mir schwär
ich schäm mich sähr
ich denk was wär

tät das dann einer lesen

ach ja vulgär
das macht was här
ist mode sähr
man will noch mähr

viel mähr davon lesen

ach ja vulgär
schau doch mal här
schau doch was wär
du willst es sähr

darfst doch nur drüber lesen

es wär so schön gewesen

 (M)ein Beitrag zur Themenwoche "vulgär" auf zeitverdichtet.

Mittwoch, 19. September 2012

Es weihnachtet sehr?!

Wenn ich durch Ladenstraßen geh‘
und glänzend Schaufensterdeko seh‘
dann kommt ein gar wohliges Gefühl
da steht ein festlich Krippenspiel

Und doch scheint etwas falsch zu sein
trotz Weihnachtsmann und Kerzenschein
ein Blick auf das Kalenderblatt
findet Weihnachten im September statt

Inmitten dem Kommerzgeschiene
macht man halt immer gute Miene
ein Osterhas‘ zur Jahreswende
ein Weihnachtsmann zum Sommerende

Festlich klingeln die Kassen
glitzernd leuchtet Konsum
man kann es auch lassen
und Besseres tun

Mittwoch, 22. August 2012

Ein Hort der Kraft – die Kathedrale von Chartres

Es war ein warmer Frühlingstag vor beinahe 18 Jahren. Mein damaliger Liebster und ich hatten uns einen Paris-Urlaub gegönnt. Paris, die Stadt der Liebe und der Kathedralen. Besonders die gotischen Kirchen hatten es mir angetan. Nahm doch die europäische Gotik, wie nachzulesen war, in Frankreich in St. Denis und Chartres ihren Anfang.

Montag, 20. August 2012

Baumeister

Wir bauen ein Haus.
Stein auf Stein und auf solidem Grund.
Der Boden ist aus Vertrauen gegossen.
Die Mauern bestehen aus Liebe.
Die Fenster sind aus Seelengleichklang
und das Dach ist mit Zärtlichkeit gedeckt.

Dienstag, 7. August 2012

Neues von Tom

Seit meinem Unfall (Tom mit den roten Haaren) waren Tom und ich die besten Freunde. Und auch einige Jungs, die in unserer Nachbarschaft wohnten, suchten nun seine Nähe. Schließlich war er groß und stark und versprach so Schutz für uns Schwächere. Wir gründeten so etwas wie eine Bande. Tom sollte eigentlich Vorsitzender werden, aber er wollte nicht, also leitete ich die Gruppe.

Dienstag, 19. Juni 2012

Das Ende einer Reise

Groß und sachlich kalt steht das Gebäude vor mir. In einem dieser unendlich scheinenden Räume dort schlägt ein großes Herz. Ein liebevolles Herz. Zwei faltige Hände, die so vieles konnten, als Du noch bei uns warst. Sie gaben Zärtlichkeit und konnten auch böse Knuffe verteilen, wenn die Rasselbande mal wieder nicht spurte. Sie strickten, häkelten und nähten, zauberten feine Gerichte, die ein Kind glücklich machten.