Donnerstag, 27. August 2009

Coogan und der verhängnisvolle Besuch beim Tierarzt

(Episode 2 aus dem Tagebuch eines kleinen Tigerkaters.)

Der Tag fängt so gut an. Meine Menschin hat gute Laune, trällert unter der Dusche und gibt mir einen Kuss nach dem anderen. Na ja, auf die Küsse kann ich eigentlich verzichten. Sie geht, wie jeden Morgen, zur Arbeit und ich treffe mich bald darauf mit meinem Kumpel Frederik.

Gemeinsam schauen wir nach der wunderschönen Russisch-Blau-Katze, die in der Nachbarschaft eingezogen ist. Aber wir werden enttäuscht. Die Dame ist auf der Terrasse, auf der sie sich sonst aufzuhalten pflegt, nicht anzutreffen. Frederik und ich wagen uns näher an das Haus, immer gewahr auf einen raufwütigen Artgenossen oder einen wildgewordenen Menschen zu treffen, aber von der Dame ist nichts zu sehen und auch nichts Neues zu erschnüffeln. Doch da, bei genauem Hinhören, kann man aus den Tiefen des Hauses den Gesang der schönen Russin wahrnehmen. Sie ist rollig. Jetzt spielen meine Hormone verrückt. Wie von Sinnen antwortete ich der Schönen und beginne ausgiebig das Revier zu markieren. Wäre Frederik nicht da, ich wäre wohl gänzlich ausgeflippt.

Frederik ist – im Gegensatz zu mir – kastriert. Ihn ficht der Gesang einer Rolligen daher nur bedingt an. Zumindest gelingt es ihm, einen klaren Kopf zu behalten. Frederik bringt mich also mit einem satten Schulterwurf zur Räson und danach mit heftigsten Pfotenschlägen aus der Reichweite der entzückenden Dame. Ich muss immer wieder feststellen, dass Fredrik ein wirklicher Freund ist. Tja und auch körperlich größer und kräftiger. Aber als wirklicher Freund nutzt er das nie aus. Auch hier handelt er zu meinem Besten, wenn auch zu spät, denn aufgrund meiner Reviermarkierungen weiß ich, dass meine Menschin mir Hausarrest aufbrummen wird. Denn sobald ich den Geruch der Reviermarkierung an mir haften habe, und der haftet gut, wird sie sehr streng sein und ich darf für ein paar Tage nicht aus dem Haus. Denke ich mir so. Ich Tor! Frederik denkt das auch und ärgert sich. Wenn wir uns die nächsten Tage sehen wollen, wird das nur durchs Fenster möglich sein.

Zuhause angekommen muss ich feststellen, dass meine Menschin vor der Zeit zurück ist. Ich ahne nichts Gutes und versuche, mich fern von ihr zu halten. Doch zu spät. Sie greift mich, schnuppert an mir, murmelt etwas, telefoniert und ehe ich mich versehe, bin ich im Reisekennel verstaut und wir im Auto unterwegs. Sie murmelt etwas von Tierarzt. Jetzt weiß ich noch vom letzten Mal: Tierarzt ist nicht schlimm. Man bekommt einen Pieks, der ist auszuhalten, und danach unglaublich viel Liebe und Leckereien von der Menschin. Ich habe also keine Angst. Ich Vollidiot! Vertrauensvoll grinsend sitze ich auf dem Tisch der netten Tierärztin, bekomme auch meinen Pieks und...

...das Nächste, was ich fühle ist, dass mir jemand Vertrautes intensiv meine Katerohren wäscht. Ich registriere Frederik und außerdem ein unangenehm schmerzliches Gefühl zwischen meinen Hinterbeinen. Zwischen meinen Hinterbeinen??? Fragend schaue ich Frederik an, der etwas verlegen zur Seite blickt. Was ist mit mir passiert? Und wieso kann ich meine Beine nicht richtig fühlen? Panische Angst steigt in mir auf. Doch Frederik, mein guter alter erfahrener Kumpel Frederik, beruhigt mich – unter fortwährendem Ohrenabschlabbern – dass das taube Gefühl von der Narkose kommt und bald fort sein wird. Na ja und der Schmerz zwischen den Beinen... Frederik schluckt... „Nein“, schreie ich. „SIE hat doch nicht etwa?“ Doch sie hat!

Alarmiert durch mein Gebrüll erscheint nun auch meine Menschin. SIE, die ich nun ewig hassen werde, hat mich doch tatsächlich k-a-s-t-r-i-e-r-e-n lassen. Niemals werde ich ihr das verzeihen! Und um ihr das klar zu machen, hacke ich mit meinen Krallen nach ihr und knurre, was das Zeug hält. Immerhin hat sie Tränen in den Augen. Pah, soll sie heulen, diese zweibeinige Intrigantin. ICH habe ihr bedingungslos vertraut und was macht sie? Ausgleichend schaltet sich nun Frederik ein. Laut schnurrend sowohl in meine als auch in ihre Richtung. Mich beruhigt sein Schnurren und ich werde schläfrig. Im Halbschlaf bekomme ich noch mit, dass Frederik sich von meiner Menschin den Bauch kraulen lässt. Ich denke noch, dass es gut ist, einen Freund wie Frederik zu haben, dann bin ich fest eingeschlafen und träume von rolligen Russisch-Blau-Katzen.

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